…alles Raser oder was…

Vom BfU wurde heute über Mittag (vielleicht auch später noch) eine Studie oder besser eine Umfrage veröffentlicht mit schockierendem Ausgang! Es wurden Autofahrer befragt ob sie gelegentlich oder häufig die Geschwindigkeitsbegrenzungen missachten. Wirklich absolut schockierende Werte kamen dabei heraus – auf Autobahnen über 50%! Wir Schweizer ein einig Volk von Rasern also.

Nicht fehlen durfte natürlich auch der Hinweis, dass zu schnelles Fahren einer der Hauptgründe für schwere Unfälle darstellt. Da ist im Grundsatz sicherlich nichts dazu einzuwenden. Und doch bin ich der Meinung dass die Umfrage reiner Humbug ist und der Schluss zum Thema Unfälle nicht zwingend richtig. Nebenbei sind wir Schweizer in einer Rangliste mit Verkehrsopfern sehr weit vorne anzutreffen in Europa (und Europa ist weltweit sehr weit vorne anzutreffen).

Zuerst mal zur Umfrage. Einer steht auf der Strasse und fragt mich: „Fahren Sie gelegentlich oder regelmässig zu schnell auf a) Autobahnen, b) Landstrassen oder c) Innerorts“. Gut, auf Autobahnen gelegentlich auch mit voller Absicht, auf Landstrassen, ja eher häufig aber innerorts versuche ich mich immer an die Regeln zu halten“. Ja, was heisst jetzt das, ich habe also eigentlich dreimal geantwortet, dass ich mich gelegentlich nicht an die Beschränkungen halte. Zweimal habe ich das so gesagt, einmal habe ich gesagt dass ich es versuche.

Meine „Statistik“ was Bussen angeht ist eigentlich eine sehr gute, verglichen mit den gefahrenen Kilometern sogar eine sehr gute (Insider könnten anmerken, dass die im letzten Jahr einen – wenn auch sehr kleinen – Peak erfahren hat). Trotzdem fahre ich manchmal tatsächlich und auch absichtlich zu schnell. Nun, was heisst das. Ich gestehe, nachts oder morgens früh aus leerer Autobahn fahre ich manchmal fast 130 – OMG! Ausserorts – ok, als ich noch meine Lotus fuhr war ich da sicher manchmal im „Raserbereich“, aber auch heute erlaube ich mir manchmal bis zu 100km/h – EIN AUFSCHREI! Innerorts, ja, dort versuche ich mich wirklich immer an die Beschränkungen zu halten, was mir nicht immer gelang in letzter Zeit (gemessene Geschwindigkeit nie mehr als 56km/h)….

Warum begebe ich mich denn in solche Gefahren? Weil ich meine, diese Gefahren sind nicht real. 130 auf der Autobahn wäre bei strömendem Regen gefährlich – aber ist 120 da wirklich sooo viel weniger gefährlich? Ausserorts, ja, da gehe ich sicherlich mehr Risiko ein damit schneller zu fahren – als unsere Autos noch viel langsamer und weniger sicher waren durfte man in der Schweiz dort noch 100 fahren…..hmmm.

Nun wurde direkt eine Verbindung hergestellt durch die Häufigkeit von schweren Unfällen auf Grund hoher Geschwindigkeit. Aber das hat doch damit rein gar nichts zu tun (oder nur indirekt). Natürlich geschehen viele Unfälle wegen hoher Geschwindigkeit, aber im Sinne „den Verhältnissen nicht angepasste Geschwindigkeit“. Auf schneebedeckten Autobahnen in der Schweiz gilt an vielen Orten auch 120 als Höchstgeschwindigkeit – unmöglich und hoch gefährlich! Im Prinip ist es meines Erachtens nicht die absolute Geschwindigkeit die entscheidet sondern die der Lage angepasste oder eben nicht.

Ausserorts mit 100 eine lange Gerade befahren ist verboten und ich bin ein Raser, ist aber weit weniger gefährlich als eine unübersichtliche Kurve mit 80 zu umkurven. Ich will hier natürlich nicht sagen, dass 100 fahren ausserorts OK ist, aber im Kern der Sache vielleicht doch nicht ganz so gefährlich. Die angegebene erlaubte Höchstgeschwindigkeit ist eine gesetzliche Geschichte und hat nichts damit zu tun, ob die Geschwindigkeit auf Grund der Situation gefährlich oder eigentlich fast zu langsam ist. Man dürfte halt einfach nicht schneller

Fazit: Ich finde es schade, wenn öffentliche Berichte von Bundesbetrieben oder diesen nahe stehenden Betrieben Dinge durchmischen die nur bedingt etwas miteinander zu tun haben. Unfälle mit nicht angepasster Geschwindigkeit gibt es immer und auch eine Beschränkung auf 60 auf Autobahnen würde nicht alle verhindern (wahrscheinlich viele). So ein bisschen zu schnell fahren kann sehr gefährlich sein – ist aber vielerorts auch absolut ungefährlich, gerade auf Autobahnen. Innerorts unterstütze ich eine Null-Toleranz Strategie und dort ärgern mich Bussen auch sehr weil ich selbst weiss; das ist unvorsichtig!

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3 Kommentare

  1. Na ja, ich denke als Töfflibueb hast Du sogar schon VIEL schlimmere Geschwindigkeiten erreicht als 130 auf Autobahnen. Eigentlich wahrscheinlich schon mal eine Anklage wegen versuchten Mordes wert :-).

    1. Serge sagt:

      Das musste ja noch kommen… 😀 Muss dazu allerdings sagen, dass ich mich in der Schweiz sehr zurückhalte. Einerseits sehr drakonische Strafen, und anderseits bei unserer Verkehrsdichte auf gewissen Strassen einfach unverantwortlich. Das grösste Problem ist eigentlich das überholen. Ist da einer Überland mit 60 vor Dir am Blümchen pflücken muss mit viel Vorsicht überholt werden. Ein paar Millimeter zu fest am Griff gedreht und schon ist man blitzartig auf 100 oder mehr. Genau dabei erwischt es viele „Töffraser“, die eigentlich gar keine wären. Denn der nette Herr in Uniform macht das Foto auch beim überholen. Gibt natürlich auch genug andere, echte Bolzer, ob Töff, Auto oder E-Bike… ;-). Was auch viel nicht berücksichtigt wird, ist das sportlicheres fahren auf den Strassen wirklich Spass macht, auf denen Geschwindigkeiten jenseits von 80 km/h dann schon eher in die Richtung versuchten Selbstmordes gehen… 😉 Liegt aber auch daran, dass ich kein Bückeisen (Sportmaschine) fahre, welches in so engen Kurven nicht so viel Spass macht. Somit muss ich mich der Anklage wegen versuchten Mordes eigentlich nicht stellen… was dich vermutlich überrascht… oder ein ungläubiges Augenbrauen hochziehen verursacht… Setze mir aber auch keinen Heiligenschein auf… 🙂

  2. Serge sagt:

    Sprichst mir mal wieder aus der Seele. Habe den Artikel auch gelesen. Schon alleine die art der Fragestellung lässt ja kein objektives Bild zu. Auch ich müsste da mit „Ja“ antworten, bloss weil ich auf der Autobahn den Tempomat mal zwischen 125 und 130 setzte. Dies macht mich noch lange nicht zum Rasern, jedoch suggeriert der Artikel genau das, was Du im ersten Absatz schreibst; „Ein Volk von Rasern“.

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