Ein Anschlag in Frankreich auf ein bekanntes – wobei ich persönlich zugebe mir absolut Unbekanntes – Satire-Magazin „Charlie Hebdo“ oder besser deren Mitarbeiter hat Europa schockiert. Zwei Terroristen sind einfach in die Räume gekommen und haben relativ wahllos 11 Mitarbeiter erschossen und weitere verletzt. Der Schock sass tief – ein solcher Anschlag mitten in Paris.
Schnell mal war klar, dieses Magazin kennt keine Grenzen. Im Sinne der freien Meinungsäusserung ist das auch gar nicht falsch oder gar verboten. Die Frage bleibt natürlich, ist es weil ausdrücklich erlaubt auch ungefährlich? Nicht erst seit der organisation „Islamischer Staat“ gibt es Terroristen die noch viel weniger Grenzen kennen und sich wohl überhaupt nicht darum kümmern, ob in unserer Welt die freie Meinungsäusserung etwas von höchstem Wert darstellt. Die Täter in Paris bekannten sich nebenbei zur Al-Quida in Jemen.
Sind die Verfasser der Zeitschrift nun doch selber schuld? Nein, das geht zu weit. Dass man mit solchen Zeichnungen allerdings die Wut von Terroristen vielleicht noch schürt, damit muss man schon irgendwie rechnen. In keiner Weise rechtfertigt das natürlich die Tat an sich. Die Auflage der Zeitschrift ist schon wieder stark in die Knie gegangen – doch nicht alle die plötzlich Charlie waren konnten gefallen finden an dem, was dort geschrieben und gezeichnet wird…
Nochmals Paris, dann Belgien und jetzt die Türkei – und keiner war Istanbul oder Atatürk (nebenbei, der Flughafen Atatürk hat 2015 61 Millionen Passagiere abgefertigt, Zürich im Vergleich dazu knapp 27 Millionen, London Heathrow 73 Millionen, Frankfurt FraPort ebenfalls rund 61 Millionen -> dieser Flughafen ist also richtig gross!). Sind wir nun schon abgestumpft, haben wir kein Mitgefühl mehr mit den Menschen die dort leben oder mit den Menschen, die den Terroristen zum Opfer gefallen sind?
Ich glaube nicht, dass das stimmt. Immer mehr aber werden wir uns bewusst, dass in unserer mobilen und global vernetzten Welt keiner einem solchen Attentat aus dem Weg gehen kann. Jeden von uns kann es treffen. Diese Erkenntnis mindert das Mitgefühl wahrscheinlich ein bisschen. Waren denn das bei Charlie alles Heuchler oder solche, die sich aufspielen wollten?
Nein, das glaube ich nicht. Es war ein erster Schock und da haben halt viele – ich gehörte da schon nicht dazu, Gründe später – reagiert und ihre Anteilnahme noch kund getan. Grundsätzlich ist es aber sicher so, dass die Attentate in Paris in Istanbul keinen allzu grossen Staub aufgewirbelt hatten. Je weiter weg solche Dinge geschehen, desto weniger nehmen wir davon Kenntnis oder zeigen Mitgefühl. Paris ist doch sehr nahe und die dort ansässigen Menschen sind uns abgesehen von der Sprache doch sehr ähnlich.
Wieso nun habe ich damals nicht auch gesagt oder kund getan ich sei Charlie? Ich bin der Meinung, dass wir etwas ganz anderes dabei immer vergessen – und zwar den Kern der Probleme. Ich will (und kann) keine historische Aufarbeitung von all dem machen. Trotzdem sterben täglich hunderte oder tausende Menschen auf Grund der Gewalt dieser Organisationen. Zivilisten in ihren eigenen Ländern – aber die sind ja weit weg und so anders! Haben die etwa gar nichts anderes verdient?
Auf Grund vieler historischer Ereignisse im nahen Osten ist dieser nicht geeint, ganz im Gegenteil wurden ganze Völkergruppen willkürlich getrennt oder zusammen geführt. Die Europäer waren da nicht ganz unbeteiligt und müssen wahrscheinlich dafür manchmal auch etwas „bezahlen“. Auch aktuell sind viele Armeen aus Europa an verschiedenen Fronten im Angriffskrieg.
Von diesen Ländern nun sehen wir Flüchtlingsströme die wir verurteilen. Alle zurück schicken, ist alles nur heisse Luft was die erzählen, die Länder sind sicher. Das ist natürlich überhaupt nicht wahr. Tunesien (jetzt erst in der Sonntagspresse) war noch vor wenigen Jahren ein Ziel für Touristen – wie auch Ägypten. Heute? Kriegsruinen anstatt Touristenpools, keine Industrie, keine Beschäftigung – nur Krieg (wenn auch bei vielen nicht unmittelbar vor der Haustüre) und grösste Armut.
Ich kenne auch keinen Ausweg aus der Situation – um aber zurück zum Titel zu kommen; Ich bin Charlie war aus meiner Sicht die etwas scheinheilige Aktion. Es gibt viel mehr Leid zu erkennen als elf satirische Karikaturisten aus Frankreich. Nochmals hier, es ist eine Tragödie und es ist absolut nicht zu verstehen oder gar zu rechtfertigen – aber in Fakten gesprochen eine Lapalie der aktuellen Weltgeschichte.
Fazit: Wir neigen dazu, „kleinere“ Geschehnisse in unserer Nähe deutlich höher oder dramatischer zu bewerten als wenn diese etwas weiter weg geschehen. Allerdings muss ich sagen – der Krieg ist heute noch vier Flugstunden von uns entfernt – da dürften wir uns manchmal auch darüber Gedanken machen und uns überlegen, wieso solche Dinge passieren. Eine Rechtfertigung für alle terroristischen Akte auf der Welt gibt es meines Erachtens nie. Glaubenskriege gehören zur Weltgeschichte seit Jahrhunderten – ich verstehe das bis heute nicht.