….ist frustrierend! Während des traditionellen Bike-Weekends mit einem Kollegen haben wir als Mittelpunkt Porrentruy gewählt um dort ein paar Kilometer runter zu fahren. Mein aktueller Trainingsstand hat nur eine Vorhersage zugelassen, das wird hart – und ja, das wurde auch hart. Dank eines Kollegen welcher auf irgend eine Weise es geschafft hat auch manchmal etwas schneller zu atmen und sogar gelegentlich ein bisschen zu jammern war es ganz ok!
Die Landschaft dort ist im Prinzip noch sehr ähnlich wie bei uns, man kommt sich also nicht wirklich „in der Fremde“ vor, ausser dass konsequent französisch gesprochen wird. Ich glaube, dass die Leute dort in der Schule dort auch Deutsch lernen wie wir französisch, aber sie geben sich echt so als ob sie kein einziges Wort in Deutsch oder Englisch verstehen würden. Ob das der Weg ist, den Röstigraben (für die, die nicht wissen was das ist – so wird der politisch/mentale Bruch zwischen Deutschschweiz und Französischer Schweiz genannt) nachhaltig zu überwinden…ich bin mir nicht sicher. Ich versuche mit Schulfranzösisch mich durch zu schlagen, wir sind nicht verhungert, nicht verdurstet – es geht ja schon irgendwie, wenn man will. Aber darin steckt es, man muss es auch wollen.
Nun, wieso bin ich der Meinung, dass diese Fahrten frustrierend waren? Das liegt an den Dörfern. Es gleicht ein Dorf dem anderen, mit ein paar wenigen Unterschieden in den einzelnen. Was in allen gleich ist, begrüsst wird man von halb zerfallenen Häusern die zum Verkauf stehen, etwas besser erhaltenen Häusern die man mieten könnte und einer grossen Menge an renovierungsbedürftigen Unterkünften in denen wohl Menschen leben. An diesem Wochenende haben wir nahezu keine Menschen angetroffen, das lag aber wohl am Wetter, welches wechselhaft, aber trocken war. Ich stelle mir in diesen Dörfern einen verhangenen Herbsttag vor – und stehe mitten in einem Horrorfilm.
Ausserhalb der Dörfer findet man dann gelegentlich Produktionsstätten der Uhrenindustrie mit scheinbar standardisierten schwarzen Hochglanzfassaden. Nur wenige andere Indizien bezeugen, dass wirklich jemand in der Region lebt. Oh doch, etwas abgelegen leben viele laute Hunde, ich nehme mal an, dass die auch irgendwie zu Menschen dazu gehören.
Befremdlich in einigen Ortschaften ist auch, wie viel Bausubstanz zu Grunde geht und ein paar hundert Meter weiter sind (meist recht prunkvolle) Neubauten zu bestaunen. Aussteiger oder solche, die nicht mehr länger in der Stadt wohnen möchten nehmen wohl die Wege in Kauf um die Ruhe (die zweifellos in den Dörfern genügend und schon fast aufdringlich vorhanden ist) zu geniessen.
Trotz allem hat man immer und überall das Gefühl, dass man sich irgendwo aufhält wo das gute Leben auf dem Rückzug ist, wo Aussteiger und gelegentlich Reiche (von der Sorte „Aussteiger“) für Glanzpunkte sorgen, im grossen und ganzen aber erscheint die Gegend recht tot.
Das zeigt sich auch an der Autobahn 16 – quer durch den Jura. Einige der Bauten sind recht eindrücklich und von weit her erkennbar (Brücken). Die Autobahn wurde mit 6.3 Milliarden Franken budgetiert (Quelle ungesichert, Wikipedia) und zählt somit zu den teuersten Autobahnen der Schweiz (84km). Diese Autobahn soll die Erschliessung des Juras verbessern, was sie zweifelsohne tut. Eigentlich ist es ja schön, dass wir in der Schweiz auch Autobahnen betreiben, für welche Stau ein Fremdwort ist. Allerdings war diese Autobahn immer derart leer wenn ich mal drauf fuhr, dass ich mich schon frage ob das Geld gut investiert ist.
Fazit: Es ist frustrierend zu sehen, wie eine Region irgendwie ums Überleben kämpft und trotzdem akzeptieren muss, dass Villen entstehen von Leuten, die unter Umständen vor Ort noch nicht mal allzu viele Steuern bezahlen. Verstreute kleine Dörfer mit viel verfallender Bausubstanz sind mehr normal als die Ausnahme. Es ist schwer zu verstehen, dass man sich auch dort in der ach so reichen Schweiz befindet. Das grösste Indiz für Reichtum ist ein Autobahnbauwerk, welches deutlich überdimensioniert ist – aber wohl doch tatsächlich wichtig. Die Erreichbarkeit einer Region dürfte massgeblich beteilitg sein an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Biken war cool, das Gefühl in der Region irgendwie nicht gut…
Ich war mit dem Motorrad gerade vier Tage in den französischen Westalpen und musste doch immer wieder an diesen Beitrag denken. Und dies nicht nur auf den letzten hundert Kilometern, welche ich von Biel aus durch den Jura gefahren bin.
In Frankreich sind es die Bausünden von Skiorten, durch welche man halt durchfährt, wenn man sich auf den Alpenpässen mit dem Motorrad vergnügt. Diese Orte sind im Sommer dermassen ausgestorben, dass einem ein kalter Schauer über den Rücken läuft. Geisterorte, welche wunderbar für ein Remake von „Shining“ herhalten könnten. Oder gewisse Bauten (Sie nennen es Hotel oder Appartementhäuser) wären auch eine erstklassige Kulisse für den Stützpunt eines Bond Bösewichtes.
Ja, und dann der Jura. Nach x-Jahren Bauzeit ist nun tatsächlich das nächste Stück Autobahn offen. Natürlich gleich mal Probe fahren und an einem Donnerstag auf dem Feierabend hin, bist Du da fast alleine. Dein Erlebnis hiermit einmal mehr bestätigt… 🙂
Die Dörfer habe ich für diesmal gemieden, da ich nicht eine herrliche Töff Tour mit einem milden Depressivum abschliessen wollte… 😉