Eine Not zur Tugend machen – etwas schwieriges, aber durchaus möglich. Ich habe immer gedacht, umgekehrt sei das gar nicht möglich, wurde aber eines Besseren belehrt.
Seit schon deutlich über 20 Jahre bin ich als Informatiker bei verschiedenen Firmen in verschiedenen Rollen tätig gewesen. Aus dieser Zeit habe ich in meinen Unterlagen noch 15 Beurteilungsgespräche abgelegt. Diese habe ich mir mal angeschaut und festgestellt – die haben alle denselben Grundtenor. Als Stärken wurden immer in etwa dieselben Dinge genannt (und ich möchte hier nur über die Beurteilung der Arbeitsleistung reden, nicht etwa über Beurteilungen im Bereich der Persönlichkeit…) bei den Schwächen habe ich sogar mich anstrengen können, diese haben tendenziell zwar sich ebenfalls nicht allzu sehr verändert, wurden aber doch deutlich abgeschwächt.
Nun habe ich vor jetzt zweieinhalb Jahren die Branche und die Art der Arbeit gewechselt. Ein nicht mehr so IT-lastiger (oder gar nicht) Beruf wurde zur Option, welche ich damals gerne angenommen habe. Dabei ist etwas spannendes passiert. Knapp 13 Jahre habe ich in der IT der Finanzindustrie verbracht, weitere 5 im regulierten Umfeld der Chemie. Bei beiden IT-Abteilungen musst ich mich – nach ein paar Jahren Logistik – an etwas ganz speziell gewöhnen. Das war, dass etwas immer wasserdicht sein muss wenn es in den Betrieb über geht. Möglichst viele Eventualitäten mussten vorab geprüft und sicher gestellt werden, das Wort Integrationstests wurde nicht zu meinem Lieblingswort aber ich habe die immense Bedeutung verstanden und akzeptiert. Zeit war natürlich ein Faktor wie auch Kosten – aber das stand meist in keinem Verhältnis zu möglichem Schaden im Rahmen von Geldverlust oder Reputation.
Dabei haben sich einige Stärken prächtig entwickelt. Varianten bilden zu Beginn, Hinterfragen der Aufgabenstellung, belegbare Evaluation und Entscheidung…usw. Eigentlich klassische und manchmal langwierige (und – weilige..) Projektarbeit. Bei einem solchen Vorgehen sieht das durchaus phasenweise so aus, als ob gar nichts vorwärts geht. Was aber sehr positiv bewertet wurde war in dem Zusammenhang, dass die Übergabe der Projekte an den Betrieb immer auf einem guten Niveau abgelaufen ist und auch, dass die Bedürfnisse der Benutzer eingeflossen waren. Natürlich geht genau das nicht immer in der IT – und manchmal wissen Benutzer auch tatsächlich nicht genau, was sie wollen und brauchen.
Genau das ist mir jetzt zum „Verhängnis“ geworden. Ich habe es nicht geschaft, diese Denkweise abzulegen und auch mal komplet ad-hoc etwas auf die Beine zu stellen innert kürzester Zeit – notfalls unter Missachtung einiger mir eindoktrinierter Grundsätze. Was heisst das nun, bin ich nicht anpassungsfähig oder gar nicht fähig, mich einer Organisation unter zu ordenen? Hmm – ich kann da natürlich weder mit Sicherheit ja noch nein sagen, die nächsten Jahre werden es zeigen. Allerdings glaube ich, dass schlicht meine falsche Jobwahl daran schuld ist. Ich habe mich in ein Terrain begeben, welches zum aller grössten Teil aus einer Art Administration besteht – und das war genau das, wofür ich noch nie gelobt worden bin. Als ITler nimmt man das natürlich mit einem Schulterzucken – wenn überhaupt – hin.
Fazit: Es gibt viele Arbeiten die in einem Büro stattfinden – aber doch sind diese teils extrem unterschiedlich. So unterschiedlich, dass absolut bewährte und gut beurteilte Konzepte an einer Stelle an einer anderen vollkommen scheitern. Das war eine gute Erfahrung fürs Leben aus welcher ich sehr viele Schlüsse ziehen kann – eines ist klar, es gibt im Job so eine Art Herzensangelegenheit – eine Jobart, die man einfach mag – und dieser sollte man so lange wie möglich treu bleiben. Alternativ: Barbetreiber an einem Touristenstrand – einfach was ganz anderes tun, aber nichts, das irgendwie nahe dran aber doch nicht dort ist. So ein bisschen wie auf der falschen Seite des Käfigs stehen halt….