Ich wurde angefragt für die Begleitung einer Bachelor-Arbeit für einen Wirtschaftsinformatiker. Da habe ich gerne zugesagt, das sind die Arbeiten für die ich gerne auch etwas Zeit ausserhalb des Geschäftes opfere. Sehr spannend nun sind die Diskussionen über die Zukunft, die Pläne, die Visionen.
Mitnichten ist das anders als früher, auch uns hat man im Typus B Gymi (Latein) erzählt, wir wären die zukünftige Elite des Landes und dürften und sollten darauf stolz sein. Etwa dreissig Jahre später weiss ich, dass die Industrie, das Gewerbe – genau genommen überhaupt niemand auf Lateiner gewartet hat und somit der ach so stolze Start irgendwie eher ein Rohrkrepierer war als der Beginn einer goldenen Zukunft.
Auch heute wird gepredigt in den höheren Schulen, dass alle Teilnehmer zur Elite aufsteigen werden – und tatsächlich ist das irgendwo nicht falsch. Nur die haben überhaupt die Möglichkeit, diesen Weg zu gehen. Anderen – vielleicht mit einer Lehre – bleibt dieser Weg verschlossen. Natürlich gibt es heute sehr viele Möglichkeiten, aus nahezu jeder Stufe in eine andere über zu treten – allerdings sind diese Wege beschwerlich und oft teuer.
Was oft wohl doch in einer Art Ausbildungseuphorie auch von den Studenten vergessen wird – dieser erste Schritt ist nicht der härteste, den man zu machen hat. Die Wirtschaft erwartet ausgebildete Fachkräfte heute mit einer Aussicht auf höhere Ziele nur dann, wenn die Leistung dort überdurchschnittlich ist. So ein bisschen wie im Sport die Olympia Limiten – wenn man die erreicht, ist man dabei, Diplome und gar Medaillen erhält nur ein kleiner Bruchteil der qualifizierten Teilnehmer.
Aber natürlich ist es richtig wenn sich junge Menschen in das Abenteuer Ausbildung und Arbeitswelt stürzen diese dann eine idealistisch zurecht gebogene Welt vor sich sehen – das mindert die Strapazen und den „tatsächlichen“ Weg zu solchen Zielen sollte man wirklich nicht analysieren – ansonsten erscheinen plötzlich vielleicht die Ziele nicht mehr erstrebenswert.
Trotz all dem sind die Diskussionen wirklich interessant und manchmal auch durchaus amüsant (was nichts mit lächerlich oder auslachen zu tun hat – da möchte ich anmerken an dieser Stelle). In der Zeit, in der man zur Schule, zur Uni geht ist man permanent gestresst, man hat immer wieder viel zu tun, und doch weiss man nicht, wohin das am Ende alles führen soll. Zusätzlich zu den direkten Wegen in die Führungsetagen hat man noch viele andere Ideen im Kopf, die einen müssen sich noch in Sportarten oder anderen Hobbies beweisen, die anderen planen noch verschiedenste zusätzlich Aufgaben in ihr zukünftiges Leben einzubauen mit kleinen Nebenbeigeschäften und – Firmen.
Schon viele habe ich gesehen, die nach dem Eintritt in die Berufswelt doch etwas enttäuscht waren. Zu oft wird in der Stellenausschreibung vom theoretischen Wissen gesprochen und Qualifikationen werden verlangt – bezahlt wird das dann aber nicht und die Funktion wäre auch gänzlich ohne formelle Abschlüsse zu erfüllen gewesen. Bis heute glaubt man in der Industrie daran, dass Uni-Abgänger nicht „arbeiten“ können. Das ist natürlich doof und stimmt nicht – am Anfang müssen die sich sicherlich etwas angewöhnen wo in der Praxis ausgebildete Fachkräfte vielleicht etwas schneller im Job drin wären. Das zuerst brach liegende Potential an theoretischem Wissen kann aber später vielfach zurück geholt werden.
Ich selbst habe meinen Weg als Informatiker zwischen sagen wir 18 und etwa 30 ziemlich genau so gelebt, wie das vorgesehen war und wie ich mir das vorgestellt hatte. Danach kam eigentlich einer erster „Schuss in den Ofen“ was die Arbeitsstelle anging – danach lange interessante und lehrreiche Jahre an einem Ort. Darauf folgend eine Entscheid quer gegen alles bisherigen, da bin ich jetzt noch am werkeln. Was will ich sagen, gut geplant – anders gekommen nach etwa zehn Berufsjahren.
Fazit: Es gibt eine Pyramide von Arbeitnehmern, die Spitze sind die Führungspositionen – es ist eine Spitze, nicht alle haben Platz dort. Ich kenne mehr als genügend Leute, die „auf dem Papier“ für höhere Aufgaben geschaffen wären, sich aber mit „minderen Jobs“ abgeben. Wieso, weil Sie Spass dabei haben, weil Sie sich damit ein gutes Leben und eine gute Freizeit leisten können. Karriere heisst heute nicht mehr nur Ausbildung sondern auch richtig viel Krampf – jeder muss sich selbst überlegen, ob er das will oder nicht. Aber nicht während der Ausbildung, das Schaffen von Grundlagen um später die Wahl zu haben kann jedem nur empfohlen werden.
Fazit II: Das ist kein Werbebrief für meinen Arbeitgeber, die hier angesprochenen Ausbildungsstufen Uni, Fachhochschulen und Hochschulen werden dort in keiner Weise abgedeckt.