Immer mehr sehe ich Autos rum fahren, welche mit einer Dashcam, also einer Kamera die den Verkehr filmt, rum fahren. Diejenigen, welche mit einer solchen Kamera rumfahren argumentieren, dass bei einem eventuellen Unfall die Beweislage so eindeutig wird. Hmmm – also sicher irgendwie verbessert, aber eindeutig? Dies Kamera filmt ja „nur“ gerade den Blick nach vorne und diesen noch weit eingeschränkter als von Auge.
Wie war das nochmals mit googles Streetview – ein grosser Aufschrei, google veröffentlicht Menschen die einfach nichts tun oder die Dinge tun, bei denen sie nicht unbedingt gefilmt werden möchten. Einige Gerichte und Staaten haben da interveniert und Massnahmen verlangt. In Konsequenz müssten dieselben Dinge auch bei einer Dashcam geltend gemacht werden, also Fussgänger müssten verpixelt werden usw – sonst wird doch da mit ungleich langen Schwertern gefochten – weil zu weit über 99% der aufgezeichneten Fahrten passiert ja nichts, sind die Aufnahmen also in jeglichem Sinne „wertlos“ – könnten aber veröffentlicht werden. Aus meiner Sicht eine kleine Sache, aber schon mal etwas kurios.
Was mich persönlich eher stört ist die Tatsache, dass die Dashcam keinerlei weitere, Unfall beeinflussende Daten aufzeichnet wie „wie schnell wurde gefahren“ “ wurde gebremst oder beschleunigt“ usw wie dies ein Crashrecorder machen würde. Alle diese Angaben fehlen und somit können eigentlich ja nur noch Dinge wie „nicht gewähren des Vortrittes“ oder ähnliche Verkehrsdramen bewiesen werden. Im Prinzip also all diejenigen Unfälle, welche eigentlich relativ selten viele Diskussionen ergeben….
Mit der Kamera geht es den Benutzern aus meiner Sicht immer und ausschliesslich darum, die Schuld von anderen Verkehrsteilnehmern beweisen zu können, sich selbst aber weiterhin in der Sicherheit der Anonymität wiegen zu können – irgendwie keine schöne Sache so betrachtet! In Anfragen von „Espresso“ (Magazin auf SRF – Schweizer Radio http://www.srf.ch/konsum/services/interaktiv/aha/dashcam-die-kamera-auf-dem-armaturenbrett) war also auch von Gerichten zu vernehmen, dass die Zulassung solcher Aufnahmen einzig und allein vom Richter abhängt. Wird eine solche Aufnahme zugelassen, muss diese aufwändig auf Echtheit überprüft werden (wurde nichts raus geschnitten oder sonst irgendwie verändert), bevor darauf ein Urteil zu Stande kommen darf. Ob dies nun wirklich noch verhältnismässig ist – tatsächlich wohl eine Frage die es im Einzelfall zu klären gäbe.
Die Axa hat sogar die Situation aufgegriffen, dass eben keinerlei weitere Daten vorhanden sind und sie der Meinung sind, dass der Crashrecorder weiterhin das weit bessere Mittel darstellt – klar, für die Versicherung ist es auch „interessant“, wenn ihr Versicherungsnehmer mal schuld ist. Je nach Art des Unfalls muss unter Umständen nicht die komplette Schadensumme ausbezahlt werden. Als Fahrer habe ich also die Gewissheit, dass die Fahrzustände vor und zum Zeitpunkt eines Unfalls bekannt sind – ist natürlich super eklig, wenn ich dann mit 60 anstatt 50 gefahren bin und alleine damit eine Mitschuld trage – ob nun ein Unfall hätte verhindert werden können oder nicht.
In Erinnerung an viele (nicht bei uns…) nachbarschaftliche Diskussionen um nichts und nochmals nichts befürchte ich auch, dass die Kamera zu einer neuen Art des Petzens führen kann. Ui, der hat mir da den Weg abgeschnitten und ich musste doch tatsächlich bremsen – oh ha, das ist natürlich nicht vorgesehen ;-)!
Selbst gehöre ich zu der Sorte Fussgänger, Radfahrer und Autofahrer – und in jeder dieser Rolle befürchte ich – nein weiss ich eigentlich – dass mir gelegentlich Fehler unterlaufen oder dass ich sogar mal bewusst etwas nicht auf die Art mache, wie der Gesetzgeber das Vorgesehen hat. Da ich glaube, dass ich nicht der einzige Verkehrsteilnehmer bin, welcher im Verkehr manchmal Mist baut erwarte ich auch Situationen, die nicht der Norm entsprechen – immer und überall. Da ich auch schon froh war, wenn mal ein anderer für mich geschaut und reagiert hat versuche ich auch so zu sein – wenn ich sehe es könnte was schief gehen, werde ich auch in Zukunft zu Gunsten der gesamten Situation entscheiden und versuchen, einen Unfall zu vermeiden. Natürlich könnte ich auch eine Kamera montieren und nicht mehr bremsen, ich könnte ja beweisen, dass es nicht meine Schuld war….
Fazit: Ich werde mir kein solches Ding einbauen, ich erachte das als absolut nicht verhältnismässig. Gut wäre, wenn alle die Augen offen halten und alle sich bewusst würden, dass Fehler passieren, dass man vielleicht gelegentlich sogar selber Fehler begeht und andere dann die Unfälle vermeiden. Ich halte nichts davon, anderen eine Schuld etwas besser beweisen zu können wenn dabei nicht auch zweifelsfrei meine eigene Unschuld mit bewiesen werden kann. Sollten die Versicherungen wirklich mal deutlich günstiger werden mit einem Crashrecorder, würde ich den einbauen lassen – wissend dass die günstigeren Tarife nur dadurch zu Stande kommen, weil von der Versicherung nicht mehr immer bezahlt werden müsste…..Kameras, die Welt filmen – nee, nicht mein Ding!