Ich bin jetzt zum ersten Mal an einer Arbeitsstelle, an welcher grundsätzlich das Arbeiten von überall her möglich ist. Zuerst mit kleinen Einschränkungen von extern (Zugriff auf einige Daten), in der Zwischenzeit ohne solche. Dass dies zum ersten Mal in meiner Karriere so ist erscheint auch irgendwie logisch – die Jahre, in denen Heimarbeit wirklich auf kam war ich unter anderem für die IT-Sicherheit bei einer Privatbank zuständig – da steht „Zugriff von aussen“ nicht weit oben auf der Prioritätenliste….wohl eher nicht wegen der Datensicherheit, die Daten gehen so oder so mit den Menschen oder werden auf Datenträgern verkauft – sondern eher weil das „private banking“ halt doch eine Sache zwischen Menschen ist.
Persönlich war ich absolut überzeugt, dass das für mich nicht funktionieren wird. Ich dachte, ich werde aufstehen, dann mal Kaffee trinken, dann die Füsse hoch lagern, danach schauen, dass die Füsse oben bleiben und gelegentlich mal aufs Mail schauen ob gerade irgendwo die Welt unter geht. Würde Sie untergehen zu drohen, könnte man ja auch zu Hause mal was tun…
Weit gefehlt – bei mir funktioniert der Tag komplett anders als gedacht wenn ich von zu Hause aus arbeite. Meist stehe ich mit den Kindern auf, trinke Kaffee am Morgentisch – aber vorher habe ich mich schon mal ins Mail eingeloggt und im Bedarfsfall die Welt gerettet. Diese Aktionen finden somit sogar etwas früher statt als wenn ich z.Bsp. in Zürich arbeite, da gibt es diese Antworten aus dem Zug, also zwischen 7:10 und 8:00. Danach gehen die Kinder in die Schule und es verbreitet sich eine sehr angenehme Ruhe im Haus. Somit ist eine konzentriertes Arbeiten absolut genial möglich – keine Kollegen, die man noch schnell was fragen will, keine Kollegen, die im selben Büro mit anderen Kollegen diskutieren usw. Sogar die Kaffeepausen sind kürzer – weil ich eigentlich keine mache. Aufstehen – zu Kaffeemaschine gehen – Kaffee mitnehmen und weiter arbeiten, eine Sache von 3 Minuten.
Gegen Mittag kommen dann die Kinder zurück und man wird zu einer sehr vernünftigen Pause nahezu gezwungen – weil einfach zu viel Lärm entsteht. Ebenso sind die Kinder natürlich bedürftig nach Mitteilung der Erlebnisse des Morgens in der Schule. Allerdings muss ich sagen – der PC bleibt eingeloggt und den Weltuntergang würde ich sogar am Mittagstisch mit kriegen (auch nicht anders als während der Arbeit – Smartphone sei dank!).
Danach wird ab etwa 13:00 spätestens wieder weiter gearbeitet – durch bis zum Nachtessen (das Heimkommen der Kinder am Nachmittag ist von ganz anderem Charakter – heim kommen und direkt hinter die Hausaufgaben bis zum Nachtessen – da bleibt es ruhig).
Telefone – auch kein Problem, dank Umleitung aus dem Büro auf das Natel bleibt man ja problemlos erreichbar (wenn die Technik dann auch wirklich will – was leider in meinem Fall nicht ganz immer zutrifft).
Das ideale Umfeld also?? Nein – es fehlen schon einige Komponenten. Die oben als lästig beschriebenen (weil lauten) Arbeitskollegen beleben natürlich die Gedanken, ohne diese fällt man Entscheide auch einfach mal so, ohne sich eine zweite Meinung einzuholen. Ebenso bin ich halt gerne „unter Leuten“. Ich glaube, der Austausch unter den Mitarbeitern sinkt bei viel home office auf gegen null – was natürlich für die Sache je nach dem nicht zuträglich wäre.
Home Office ist sicherlich eine Frage der anstehenden Arbeiten. Rein administrative Dinge – kein Problem. Unabhängige Dinge von Arbeitsprozessen (wie z.Bsp. alle Telefonservices aus dem Bereich Marketing…) – auch überhaupt kein Problem. Da entsteht sicher ein positiver Effekt am Arbeitsmarkt, weil z.Bsp. viele Erziehenden (natürlich zu einem grossen Anteil die Mütter und nicht die Väter) durchaus mehr Zeit für Arbeiten aufbringen könnten, wären die Arbeiten nicht allzu stark an Bürozeiten gebunden (dies disqualifiziert natürlich ein paar Arbeiten wieder – auch beim Telefonmarketing ist man je nach Branche von Bürozeiten abhängig, sonst erreicht man die Leute nicht).
Fazit: Für mich ist es eine echte Bereicherung, manchmal im home office arbeiten zu können. Die Effizienz dieser Arbeiten ist SEHR hoch und meist ist die Arbeitszeit eher länger als im Büro. Allerdings glaube ich auch, dass ich mich nicht wohl fühlen würde, wenn das Arbeitsmodell „viel“ home office (sagen wir 50%) vorsehen würde. Ich glaube, dann würde mit der Zeit auch der Schlendrian Einzug halten – gibt ja noch so viel anderes zu tun zu Hause! Dies einen Tag zu ignorieren ist absolut kein Problem – aber über längere Zeit? Also, wer die Möglichkeit hat – gelegentlich nutzen kann ich nur empfehlen!