Fasnacht in Basel – eine Hassliebe

Ich bin kein aktiver Fasnächtler und ich bin auch passiv sehr zurückhaltend. Wegen (oder dank..) der Kinder gehe ich aber eigentlich jedes Jahr so ein oder zweimal an die Fasnacht – und ich kann jetzt nicht sagen, dass es mir dort nicht gefallen würde. Klar, am Mittwoch habe ich meist die Nase voll davon und gehe auch nicht mehr hin – aber vorher ist es schon oft sehr viel später geworden als geplant ….

Faszinierend für mich ist neben dem zum Teil äusserst hochwertigen Kunsthandwerk in Larven, Kostümen, Laternen und Wagen hauptsächlich die Tatsache, dass sich eine Stadt komplett lahm legen lässt während mindestens zwei Nachmittagen – und selten ein Geschäft jammert über den Verkaufsausfall während der Fasnacht. Eine moderne Stadt die sich durch eine Jahrhunderte alte Tradition einfach mal lahm legen lässt. Es geht dabei ja nicht nur um die geschlossenen Geschäfte – es geht auch darum, dass deutlich über 10000 aktive Fasnächtler nicht teilnehmen an der Wirtschaftsleistung der Stadt – und dies während der Ferienzeit in der auch ohne Fasnacht schon recht wenig läuft.

Tatsächlich sind die Strasse in dieser Zeit in Basel ausgestorben, am Morgen auf dem Weg zum Bahnhof ist es manchmal gefühlt fast noch ruhiger als während der Sommer Hochsaison. Ausser gestern – erstaunt habe ich wahr genommen, wie unglaublich viele Leute mit dem Auto zum Morgenstraich fahren. Der Verkehr um knapp nach 3:00 Uhr morgens war durchaus mit fast normalem Arbeitsverkehr (ausgenommen die Lastwagen) zu vergleichen. Allerdings war das auch gut so, die drei (!) Trams welche die BLT um drei Uhr auf die Reise geschickt hatte waren extrem überfüllt, ich war im ersten und schon das konnte nicht alle Wartenden mitnehmen, einige mussten auf spätere Trams warten.

Meine Kollegen, welche mit dem Auto von der Autobahn kamen waren auch erstaunt über den Stau in die Stadt um diese Tageszeit ;-)!

Dunkel wird es am Morgenstraich, die Stadtverwaltung und (fast) alle Läden löschen die Strassenbeleuchtung und die Schaufenster. Es ist schon eine spezielle Stimmung – die dann fast urplötzlich zerissen wird von den Trommelfell zerstörenden, beissenden Klängen der Piccolos. Ich mag die Dinger einfach nicht, Tradition hin oder her. Ist nun eine Clique unterwegs, die wirklich gut spielt, dann kann das ja noch gehen – sobald aber nur kleinste Fehler die Harmonie stören wird es richtig anstrengend für den Zuhörer – und man weiss, das Piccolo ist um in einer Gruppe gespielt zu werden ein anspruchsvolles Musikinstrument.

Menschen scharen sich, es gibt ein riesiges Durcheinander, es gibt Gassen die sind so dunkel man könnte direkt einen nordischen Krimi darin drehen – und auch da wieder, keiner reklamiert! Dann gibt es Mehlsuppe – hmmm – eigentlich kein schlechtes Gericht, aber um die Zeit, noch mit vom Bett schweren Beinen, eine spezielle Angelegenheit, welcher man sich aber hingeben sollte – einfach damit man es mal gemacht hat. Auch einen „Gesprützten“ oder einen „Kaffi Luz“ um diese Zeit ist speziell, zumindest wenn man vorher aufgestanden ist und es nicht als letzter Absacker eines zu lang geratenen Apéros einnimmt.

Am Nachmittag steht der Umzug oder halt Cortege auf dem Programm. Basel muss ja für Fasnacht spezielle Begriffe verwenden, Erklärungen dafür gibt es sehr viele, mir ist es egal – ausserkantonalen Besuchern halten wir gerne vor wie wichtig das ist und zu Hause verplappern wir uns auch mal – aber schon eher selten, „man“ weiss es halt schon, wie die Dinge richtig heissen.

Der Morgen danach ist die Katastrophe. Ein riesiges Lob an die Stadtverwaltung, in der Kernzone der Fasnacht sieht die Stadt am Morgen danach durchaus ordentlich aus, mehr kann da wirklich nicht gemacht werden, die sind mit jedem verfügbaren Menschen unterwegs um aufzuräumen – aber diese Menschen und Maschinen haben ihre Grenzen und so bleibt ausserhalb dieser Zone ein fahler Nachgeschmack. Liegen gelassene Abfälle an vielen Orten, ad-hoc Pissoirs (oder andere „Verrichtungen“ welche zu viel trinken mit sich bringen können) – unschöne Dinge die man nicht vermeiden kann – aber so richtig schlimm ist das auch wieder nicht, bis ende Woche ist das auch alles wieder verschwunden, kräftige Regengüsse am Donnerstag wären da wünschenswert (aber erst nachdem die Schlacht von der Stadtverwaltung schon gewonnen wurde – sonst gibt es Confetti-Beton). Man muss aber auch sagen, nach einer FCB-Meisterfeier sieht der morgen nicht besser aus – und da ist die Fasnacht doch für die Allgemeinheit deutlich wertvoller.

Liebe ich es jetzt oder hasse ich es – ich glaube, irgendwo liebe ich es so, dass ich etwas vielleicht doch vermissen würde, wenn es die Fasnacht nicht mehr gäbe. Aber ich könnte mich wohl daran gewöhnen.

Und übrigens – Fasnacht in Basel kann auch ohne Sauffen durchaus interessant sein. Die mir bekannten Dorf Fasnachten (und die kenne ich besser als die in Basel…) fokusieren doch sehr stark auf die „Party“ – in Basel auch so, aber auf jeden Fall nicht schlimmer als auf den Dörfern. Und dann gäbe es ja noch die Konkurrenz aus Luzern – eine andere Fasnacht, eine Fasnacht der Zuschauer und der Aktiven, Basel ist dann doch eher die Fasnacht der Aktiven. Am Dienstag wird dann Luzern gespielt und mit dem Guggäkonzert werden auch die Zuschauer aktiviert….

Ja – voraussichtlich werde ich auch nächstes Jahr wieder hingehen und mir nicht sicher sein, ob ich das wirklich brauche… 😉

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1 Kommentar

  1. Stegan sagt:

    Potz Blitz!

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